Traunstein,

Hilfe für Betroffene und Helfer

Psychosoziale Notfallvorsorge in Corona-Zeiten

Traunstein. Das Hauptaugenmerk aller Maßnahmen und Regeln während der Corona-Pandemie liegt darauf, die Ausbreitung des Virus einzuschränken und damit eine Überforderung unseres Gesundheitssystems zu verhindern. Jeder Notfall und jeder Kranke – nicht nur Covid19-Patienten – sollen bestmöglich behandelt werden. Um dieses Ziel zu erreichen und alle Kräfte zu bündeln, wurde am 16. März bayernweit der Katastrophenfall ausgerufen. Im Landkreis Traunstein arbeitet seither die Führungsgruppe Katastrophenschutz unter Leitung von Landrat Siegfried Walch sowie eine Örtliche Einsatzleitung unter Führung von Kreisbrandrat Christof Grundner daran, die Corona-Krise zu meistern.

Örtlicher Einsatzleiter Christof Grundner bedient sich verschiedener Fachberater, die dem Krisenstab zu verschiedenen Fachthemen zuarbeiten. Einer dieser Fachberater ist Alexander Gröbner vom Malteser Hilfsdienst – sein Fachthema ist die Psychosoziale Notfallversorgung, kurz PSNV. Was ist damit gemeint? Die PSNV umfasst in seiner Gesamtheit alle Aktionen und Vorkehrungen, die getroffen werden, um betroffenen Menschen, wie Patienten, deren Angehörigen und

Hinterbliebenen, ebenso wie Einsatzkräften zu helfen, ihre psychischen Belastungen zu verarbeiten. 

Alexander Gröbner, Leiter des Kriseninterventionsteams (KIT) der Malteser hat im Auftrag des Krisenstabs ein Konzept der Psychosozialen Notfallversorgung in der aktuellen Pandemie-Situation erstellt. Zusammen mit Tobias und Martin Spörlein analysierte er die derzeitige Krisensituation. Daraus ergab sich, dass im Wesentlichen drei Gruppen unterschiedlich starken psychischen Belastungen ausgesetzt sind: Einsatzkräfte, von der Pandemie direkt betroffene Bürger sowie indirekt belastete Betroffene. Aufgrund der möglichen Belastungen und ihrer Bedürfnisse erarbeitete das Trio Handlungsempfehlungen und stellte Angebote und Ressourcen der psychosozialen Hilfe zusammen.

Um der besonderen Herausforderungen entgegentreten zu können wurde das schon bestehende Netzwerk aller Fachdienste und Einrichtungen im Bereich der PSNV noch fester geknüpft. Dazu zählt das Kriseninterventionsteam im Rettungsdienst, in dem Malteser Hilfsdienst und Bayerisches Rotes Kreuz in Kooperation zusammenarbeiten und nach plötzlichem Tod und extrem belastenden Ereignissen Angehörigen und Hinterbliebenen, ebenso Augenzeugen und Ersthelfern Beistand leisten. Das Helferinterventionsteam (HIT) des Kreisfeuerwehrverbandes Traunstein und das CISMTeam des BRK stehen Einsatzkräften zur Stressbewältigung nach belastenden Einsätzen zur Verfügung. Der Kriseninterventionsdienst der Bergwacht (KID Berg) ist ebenso Teil des Netzwerkes an PSNV-Diensten wie der Krisendienst Oberbayern, die Kirchen und deren Seelsorger und viele mehr. 

Besonderes Augenmerk legt die örtliche Einsatzleitung auf die Fürsorge von Einsatz- und Führungskräften der Hilfs- und Rettungsdienste. Der Fokus richtet sich dabei auf die  aktuelle Situation, besonders aber auf eine vorausschauende Betrachtung welchen ungewöhnlichen seelischen Belastungen sie ausgesetzt sein könnten. Für die Führungskräfte wurden Handreichungen zusammengestellt, mit Verhaltenshinweisen im Umgang mit Belastungen des Einsatzpersonals, Tipps zur Psychohygiene, ebenso wurde zur Unterstützung der Führungskräfte eine ständige telefonische Erreichbarkeit der PSNV eingerichtet, wo psychologische Hilfen, wie zum Beispiel das Helferinterventionsteam der Feuerwehren vermittelt wird.

Nicht außer Acht gelassen wurden mögliche seelische Belastungen des Personals in Kliniken und in Alten- und Pflegeheimen. Dazu wurden erste Empfehlungen erstellt, vor allem aber betont, dass die Entwicklung der Pandemie laufend beobachtet werden müsse. Die Belastung für Pflegekräfte und Klinikpersonal hängt stark von der Aus- und Belastung des Gesundheitssystems ab.

Weiterhin und trotz der aktuellen Corona-Pandemie im Einsatz ist das Kriseninterventionsteam Traunstein. Die Krisenhelfer und -berater der Malteser und des Bayerischen Roten Kreuzes rücken nach wie vor aus, wenn sie von Rettungskräften oder Polizei angefordert werden, um Menschen nach unerwartetem Tod von Angehörigen und geliebten Mitmenschen zur Seite zu stehen. „Gerade in einer Zeit, in der die konsequente Vereinzelung und Isolierung gefordert und durchgesetzt wird, ist es umso wichtiger, dass wir Menschen nicht sich selbst überlassen, wenn sie durch ein extrem belastendes Ereignis seelisch erschüttert sind“, betont Alexander Gröbner, Leiter der Krisenintervention der Malteser.

Er sei überzeugt, dass es gerade in dieser Krisenzeit notwendig ist, durch konkrete, persönliche Präsenz zu helfen, Betroffenen nahe zu sein und sie zu stabilisieren. Dies sei auch unter Einhaltung aller Abstands- und Hygieneregeln möglich. Zudem erfahren die ausrückenden KIT-Helfer schon bei der Alarmierung von der Integrierte Leitstelle Traunstein, ob bei den Betroffenen ein konkreter Covid-19-Verdacht nicht ausgeschlossen werden kann. Die Leitstelle führt vorab eine Abfrage durch und informiert die Krisenhelfer über mögliche Gefahren. Wenn die persönliche Anwesenheit bei den Betroffenen nicht möglich ist, werden alternative Betreuungsformen initiiert, zum Beispiel telefonischer Kontakt und Beratung. 

Die Dienste der Psychosozialen Notfallversorgung, die fast ausschließlich von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern erbracht werden, sind aus dem Hilfeleistungssystem im Landkreis Traunstein nicht mehr wegzudenken. Menschen erleiden nicht nur äußerliche Verletzungen oder akute Erkrankungen, auch die Psyche bedarf bei akuter Belastung einer schnellen Ersten Hilfe, unabhängig ob Corona-Krise oder „Leben im Normalzustand“.


©Örtliche Einsatzleitung







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